Warum durch die Rangdynamik in Gruppen Konflikte entstehen

Konflikte im Team sind normal. Das liegt unter anderem daran, dass es bestimmte Phasen gibt, die ein Team durchläuft und dass eine Rangdynamik in Gruppen herrscht, die immer wieder dazu führt, dass es zu Auseinandersetzungen zwischen den Teammitgliedern kommt. In diesem Beitrag geht es  um die Besetzung von Rollen in Teams, um die unbewusst zwischen den Mitgliedern gestritten wird.

Rangdynamik in Gruppen: Modell nach Raoul Schindler

Neben den Teamrollen (Blogartikel Erfolgreiche Teamarbeit: Spannende Erkenntnisse über Belbins 9 Teamrollen) gibt es eine Rangdynamik in Gruppen, die es als Führungskraft zu beachten gilt. Diese Rangdynamik gibt dir weiterhin Aufschluss darüber, warum es in Teams immer wieder zu Spannungen und Auseinandersetzungen kommt.

Die Positionen von Alpha, Gamma und Co

Raoul Schindler (1923 bis 2014) war ein österreichischer Psychotherapeut, Psychoanalytiker und Psychiater. Er entwickelte aufgrund seiner Erfahrungen in den 50-er Jahren und vielen Beobachtungen diverser Gruppen das Rangdynamik-Modell für die Interaktion von Gruppenmitgliedern.

Im Folgenden möchte ich im Überblick darauf eingehen, damit du eine Idee bekommst, warum das in Hinblick auf die Entwicklung im Team und auftretende Konflikte hilfreich und wissenswert ist.

Die Forschungen von Raoul Schindler haben ergeben, dass sich Individuen in Gruppen immer wieder gleich verhalten, wenn es um die Machtverteilung geht. Wie diese Rangdynamik in Gruppen genau aussieht, schauen wir uns im Folgenden einmal genauer an. Dazu müssen wir erstmal wissen, welche Positionen im Team vorhanden sind, nach Aussage von Raoul Schindler.

Kategorien in der Gruppenrangdynamik

Es gibt in jedem Team stets

eine Führungspersönlichkeit (Alpha),

die Gefolgschaft (Gammas)

und einen Skeptiker (Omega).

Diese Verteilung ist gültig für alle Gruppen. Es spielt somit keine Rolle, ob es sich hier um Klassen, Freundeskreise, Familien, Gruppentherapiesitzungen oder Arbeitsgruppen in Unternehmen handelt. Die Verteilung der Positionen entsteht durch die Rangdynamik in der Gruppe. Jedoch ist es nicht so, dass dies eine bewusste Positionsaufteilung in einer Gruppe ist. Es wird also keiner bewusst einer Gruppe beitreten und sich sagen „Hey, ich werde hier in der Zusammenarbeit mit den anderen das Alpha werden!“.

Zusätzlich kann es noch eine Person geben, die die BetaPosition einnimmt. Beta ist der Berater des Alphas.  Bei den drei bis vier unterschiedlichen Positionen geht es um Macht, Einfluss und Führung innerhalb der Gruppe.

Positionen Rangdynamik

Die einzelnen Merkmale der unterschiedlichen Positionen schauen wir uns im Folgenden mal an.

Du kannst dabei gern mal für dich überlegen, auf wen welche Beschreibung in deinem Team am besten zutrifft. Auch kannst du mal schauen, welche Rolle du so in den letzten Gruppen eingenommen hast, mit denen du zusammen gearbeitet hast. Denk dran, dazu gehört auch die Arbeit in Vereinen oder wenn du mit anderen gemeinsame Aktivitäten planst.

Merkmale der Alpha-Position: der Anführer

Die Person auf der Alpha-Position ist der „Rudelsführer“, der das Team leitet, die gemeinsamen Ziele formuliert und darauf achtet, dass sie auch erreicht werden. Diese Person ist als „Gruppensprecher“ und Repräsentant nach außen zu verstehen.

Wenn Entscheidungen getroffen werden müssen, kümmert Alpha sich darum und verhandelt auch mit dem Gruppengegenüber. Inhaltliche Impulse kommen von ihm. Die Gammas schweigen, wenn er redet. Widerspruch bekommt er hauptsächlich vom Omega. Das kennzeichnet hier die Rangdynamik bei dieser Position.

Zusammengefasst:

  • ist der Anführer
  • repräsentiert die Gruppe nach außen
  • bringt Iden ein und entscheidet
  • Akzeptanz und Unterstützung durch die Gammas

Beispiel: stößt die Idee und Umsetzung an, ein Projektteam ins Leben zu rufen und gibt dazu Ideen, wie das konkret umgesetzt werden kann und verteilt auch schon Aufträge

Merkmale der Gamma-Position: das einfache Gruppenmitglied

Die Gammas sind die Gefolgschaft des Alphas. Dabei haben sie keinen eigenen Führungsanspruch. Sie wollen also auch keine große Verantwortung übernehmen oder Entscheidungen treffen.

In Teams machen Gammas meist die Mehrheit aus. Von den Gammas kommt kaum Widerstand gegen Alpha. Sie freuen sich, dass er die Verantwortung übernimmt und sich um Entscheidungen kümmert, da sie daran ja -wie erwähnt- kein Interesse haben. Das einfache Gruppenmitglied stimmt Alpha schnell zu und bestärkt ihn in seinen Vorhaben.

Gamma führt aus, was zu erledigen ist und unterstützt so das Alpha. Einwürfe des Omega werden als störend betrachtet und erzeugen gelangweilte oder sogar aggressive Reaktionen. Sie schlagen sich somit auf die Seite der Person, die die Alpha-Position innehat und richten sich gegen Omega. Durch diese Rangdynamik in der Gruppe entstehen unter anderem die Streitereien.

Zusammengefasst:

  • machen die Mehrheit aus
  • sind Gefolgschaft des Alphas
  • führen aus und hinterfragen nicht
  • stören sich am Omega

Beispiel: Projektteam-Mitglieder, die von der Idee des Alphas begeistert sind und mitmachen bei dem Projekt und seinen Anweisungen ohne Widerstand und mit viel Zuspruch folgen

Merkmale der Omega-Position: Gegenpol zum Alpha

Omega ist die Gegenposition zum Alpha. Es hinterfragt das Vorgehen des Alpha kritisch und, ob die Ziele nicht auch anders erreicht werden könnten. Diese Person kommt also auch mit Gegenvorschlägen und neuen Ideen, auf die Alpha noch nicht gekommen ist.

Die Person auf der Omega-Position erkennt Risiken und Gefahren. Sie hat einen kritischeren Blick als die Gammas, die von den Ideen des Alphas sehr begeistert sind. Omega ist somit eher problem-orientiert, was wichtig ist in der Zusammenarbeit, damit die Lösungsvorschläge am Ende auch realistisch und umsetzbar sind.

Dennoch wird es von den Gammas als lästig empfunden, dass die Person auf der Omega-Position Ideen des Alphas kritisch hinterfragt. Aus der Sicht der Gammas ist Omega ein nerviger Störenfried und erweist dem Menschen mit der Alpha-Position nicht genügend Respekt.

Oft gilt Omega als Sündenbock im Team und so entstehen hier oft Konflikte, weil diese Rangdynamik in der Gruppe vorhanden ist. Der Fokus von Omega auf mögliche Schwierigkeiten wird eher als Hindernis für schnelle Lösungen und Entscheidungen angesehen. Dass dieses Verhalten die Umsetzbarkeit der Ideen garantiert und wertvoll in der Teamarbeit ist, wird nicht gesehen.

Zusammengefasst:

  • Gegenpol zum Alpha
  • hinterfragt Ideen kritisch
  • ist problem-orientiert
  • wird von den Gammas als störend empfunden

Beispiel: Das Teammitglied, das lieber ein anderes Tool zur Bearbeitung eines Thema nutzen möchte/ eine andere Software nutzen will als Alpha vorgeschlagen hat

Merkmale der Beta-Position: der Experte

Beta ist die Person mit dem Expertenwissen in der Gruppe, die dem Alpha beratend zur Seite steht. Die Person auf der Beta- Position gibt fachlich-sachliche Hinweise in Bezug auf die eingeschlagene Richtung oder die genutzten Methoden. Alpha holt sich hier gern die Unterstützung und zieht die Person auf der Beta- Position gern in schwierigen Situationen zu Rate.

Bei seinen Argumentationen wird der Spezialist nie emotional, sondern bleibt eher sachlich. Dadurch hat die Person mit der Beta- Position eine neutrale Rolle, wodurch sie oft nicht angreifbar ist. Die Gammas empfinden Beta nicht als störend, so dass Beta ein guter Kandidat wäre als Alpha-Nachfolger.

Man könnte also sagen, dass Beta bewusst von Alpha zur Hilfestellung genutzt wird und dadurch sozusagen seinen Segen hat, während Omega als Gegenspieler wahrgenommen wird. Es kann also durchaus sein, dass Beta die gleichen Ideen hat wie Omega, nur dass er anders wahrgenommen wird, weil er durch Alpha „abgesegnet“ ist.

Die Beta- Position ist die einzige Position, die nicht unbedingt in der Gruppe vertreten sein muss.

Zusammengefasst:

  • hat Expertenwissen
  • wird von Alpha zu Rate gezogen
  • unterstützt sachlich
  • einzige Position, die nicht unbedingt besetzt sein muss

Beispiel: Das Mitglied, das mehrjährige Projektteam-Erfahrung hat und dass der Alpha immer wieder fragt, wie er mit seinen Erfahrungen zum Beispiel mit der Entwicklung eines bestimmten Produkts umgegangen ist

Was noch zusätzlich spannend ist

Dass immer wieder gegen die Person auf der Omega-Position geschossen wird, stärkt unter anderem die gemeinsame Identität der Gruppe. Gegenüber „Feinden“ von außen jedoch ist man gleichzeitig eine eingeschworene Einheit. Da wird dann die Person auf der Omega-Position integriert und eher als ein „funktionierendes“ Teammitglied betrachtet.

Verlässt die Person mit der Alpha- Position oder der Omega-Position das Team, übernimmt ein anderer diese Position, die dann freigeworden ist. So wird ein Mitglied mal in einer Gruppe ein Alpha sein und in einer anderen eine andere Position einnehmen.

Das bedeutet, dass du auch nicht in jeder Gruppe immer die gleiche Position haben wirst, da das abhängig davon ist, mit welchen Menschen du das Team bildest und wie sich dort die Dynamik entwickelt.

So kann auch durch das Austauschen von Mitgliedern eine neue positive Verteilung entstehen, die zu anderen Ergebnissen in der Zusammenarbeit führt.

Fazit zur Rangdynamik in Gruppen

Du siehst, das ist echt spannend, was da so durch die Rangdynamik passiert und wie du dadurch bestimmtes Verhalten in deinem Team erklären kannst. Allein mit diesem Wissen ist auch klar, warum es immer wieder zu Spannungen kommen kann. Denn durch die Interaktion zwischen den einzelnen Positionen entsteht die Dynamik im Team.

Wundere dich aber nicht, wenn du ein Team hast, das recht gut miteinander auskommt und nicht ständig in Diskussionen und Aggressionen verfällt. Letztlich gibt es auch bei dieser Dynamik verschiedene Ausprägungen.

Alles Liebe

deine Susanne

P.S.: Wenn du dir Unterstützung wünschst, um dich den Herausforderungen in der Führung zu stellen, dann kontaktiere mich gern. Über den Link kannst du ansonsten auch einen Termin für ein unverbindliches Kennenlernen buchen.

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Susanne Lorenz
Susanne Lorenz

Ich habe mich als Kommunikationstrainerin, Buchautorin und Business Coach auf Führungskräfte spezialisiert, nachdem ich im Anschluss an mein Germanistikstudium selbst mehrere Jahre als Managerin Erfahrungen gesammelt habe. Gewaltfreie Kommunikation ist meine Leidenschaft. Meine Vision ist, dass Menschen am Arbeitsplatz mehr miteinander statt übereinander reden und konstruktiv ansprechen, was sie stört.

Mit meinen Coachings und Trainings erhöhe ich die Transparenz und Wertschätzung in Unternehmen. Mein Blog www.wirksam-kommunizieren.de dreht sich um erfolgreiche Kommunikation im Berufsalltag.

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