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Wie tolerant bist du wirklich?
Wahrscheinlich denkst du auch als erstes an die Themen Politik, Sexualität oder auch Religion, wenn du von Toleranz hörst. Doch Toleranz bezieht sich auf so viel mehr!
Was Toleranz alles beinhaltet
Toleranz ist ein mächtiges Wort. Doch was bedeutet es eigentlich und auf was bezieht es sich?
Das Wort Toleranz kommt vom lateinischen „tolerare“ und heißt so viel wie „ertragen, erdulden, erleiden“.
Hättest du das gewusst? Toleranz ist im Deutschen überwiegend positiv besetzt. Toleranz wünschen wir uns von anderen, insbesondere, dass sie uns gegenüber tolerant sind und natürlich auch gegenüber anderen Menschen, Kulturen und Religionen.
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Tolerant oder liberal?
Doch eigentlich ist „ertragen, erdulden, erleiden“ etwas Negatives. Denn wer von uns will schon etwas erdulden oder ertragen? Tolerieren wäre danach also eher etwas, was Stress verursacht. Unsere Reflexe sind immer noch so wie damals als Neandertaler, dass wir auf Stress mit Flucht, Erstarren oder Kampf reagieren. Doch Stress sollten wir eigentlich eher vermeiden, wenn es um Toleranz geht.
Vera F. Birkenbihl machte auch deshalb in ihrem Buch „Psychologisch richtig verhandeln“ den Vorschlag, eher mit dem Begriff „liberal“ zu arbeiten statt mit „tolerant“. Liberal zu sein verursacht nämlich keinen Stress, also auch keinen Flucht- oder Kampfreflex. Das fühlt sich also viel besser an.
Normal und anders
Egal, ob wir es nun tolerant oder liberal nennen, auf was bezieht sich das Tolerantsein jetzt genau?
Von Toleranz sprechen wir immer dann, wenn etwas anders ist als normal und es uns deswegen auffällt. Wir schauen, wie wir damit umgehen und ob wir es erdulden können.
An dieser Stelle müsste ich nun eigentlich definieren, was „anders“ und was „normal“ ist. Das ist aber nicht so einfach. Denn was „anders“ ist und was „normal“, definiert jeder für sich selbst. „Normal“ ist das, was die Mehrheit von uns als solches empfindet, könnte man sehr vereinfacht sagen. Doch das finde ich eben zu einfach.
Was für uns normal ist, hat etwas damit zu tun, was wir für eigene Erfahrungen gemacht haben. Kinder mit Geschwistern finden wahrscheinlich Familien nicht normal oder anders, die wenig oder keine Kinder haben. Arbeiten alle Familienmitglieder Vollzeit und waren nie arbeitslos, empfindet man Arbeitslose als anders und Arbeitslosigkeit eben als nicht normal.
Natürlich ist das jetzt vereinfacht dargestellt, das macht es aber klarer, oder?
Toleranz für…?
Neben den großen Themen wie Religion, Herkunft und Sexualität, geht es auch um viele kleine.
Wie sehen andere Menschen aus? Wie sind sie gestylt, was tragen sie? Bist du offen für alle Mitarbeiter oder Kollegen? Egal wie viele Tätowierungen und Piercings sie haben? Und wie liberal bist du in Bezug auf andere Meinungen?
Meinungen tolerant begegnen
Andere Meinungen können dein Selbstbild angreifen. Jeder hat eine bestimmte, eigene Wahrnehmung und auch in Bezug auf gewisse Themen schon vorgefertigte Meinungen. Wenn wir uns sehr mit unser Meinung identifizieren, haben wir den Drang, sie auf Teufel komm‘ raus zu verteidigen.
Das können Sachen sein, wie „Als Firmeninhaber sollte man eine Webseite haben und social media Kanäle nutzen“ oder „Als Selbständiger hat man kein Privatleben“ oder “ Als Mutter sollte man eine bestimmte Zeit zu Hause bleiben, bis man wieder arbeiten geht“ oder auch „Führungskräfte können nicht in Teilzeit arbeiten“.
So litt tatsächlich eine Freundin von mir darunter, dass sie jahrelang Führungskraft war, dann Mutter wurde und keine Teilzeitstelle bekam. Sie versuchte, beides unter einen Hut zu bringen (Beruf und Familie) und war letztlich am Ende ihrer Kräfte, weil es in ihrer Firma nicht vorgesehen und unvorstellbar war, dass Führungskräfte in Teilzeit arbeiten. Da fehlte es einfach an Offenheit für andere Lebenssituationen.
Bist du also selbst der festen Meinung, dass man als Führungskraft Vollzeit arbeiten muss und kommst ins Gespräch mit jemandem, der anders darüber denkt, kann das dein Weltbild ins Wanken bringen und ihr werdet vielleicht heftig darüber diskutieren.
Toleranz ist abhängig vom Selbstbewusstsein
Wie du letztlich mit Dingen umgehst, die „anders“ sind, liegt an verschiedenen Punkten. Es hat auf jeden Fall viel mit deinem Selbstbewusstsein zu tun. Je selbstbewusster du bist, desto eher kannst du andere Meinungen und Werte akzeptieren bzw. tolerieren. Du kannst dich dazu austauschen, wer welche Meinung hat, warum er diese hat und wie man oder du dazu steht.
Woher weißt du das?
Wichtig ist auch, herauszubekommen, wie sich deine und die Meinung des Anderen gebildet hat.
- Woher weiß man, dass bestimmte Dinge nicht gehen (Führungskraft als Teilzeitkraft)?
- Hast du selbst Erfahrungen damit gemacht?
- Hast du von anderen davon gehört?
Schließlich hat das oft etwas mit Vorurteilen zu tun und diese sind nun einmal Verallgemeinerungen. Verallgemeinerungen haben eigentlich den Nutzen, dass sie uns helfen sollen, bestimmte positive Erlebnisse wiederholen zu können oder negative Erfahrungen nicht nochmal zu machen. Doch Verallgemeinerungen, die man auch als Generalisierungen bezeichnen kann, sind häufig Ursache von Kommunikationsstörungen.
Eigene Erfahrung
Am Anfang meiner Arbeit als Führungskraft machte ich negative Erfahrungen mit einer bestimmten Mitarbeiterin, die Polin und leider nicht ganz ehrlich und korrekt war. So bildete sich das Vorurteil bei mir, dass ich Polen nicht trauen kann.
Zusätzlich hatte ich eine Freundin, die auch Polin war, mit der ich verschiedene schlechte Erlebnisse hatte, so dass ich sie als selbstsüchtig einschätzte.
Glücklicherweise erkannte ich, dass ich hier nicht vorurteilsfrei bin und arbeitete daran. Schließlich macht es auch keinen Sinn, bei zwei Erfahrungen zu pauschalisieren. Mittlerweile habe ich positive Erfahrungen gemacht mit Polen und bin sogar mit einem Polen verheiratet ;).
Ich habe aus meiner Erfahrung und meinem Vorurteil gelernt. Man kann nicht einfach alle über einen Kamm scheren.
Toleranz bei der Arbeit
Oft entstehen auch dann Konflikte, wenn die Arbeitsabläufe nicht von allen gleich umgesetzt werden. Auch hier hat es etwas mit Toleranz zu tun, dass jeder seinen eigenen Weg finden darf oder auch muss. Was spricht dagegen, solange die Ergebnisse stimmen und es nicht wesentlich mehr Zeit kostet?
Toleranz hat also nicht nur etwas mit Religion oder Herkunft zu tun. Nein, es geht letztlich um alles, was anders als (für dich) üblich ist.
Seien es nun
- Ansichten,
- Werte,
- Dialekte,
- Kleidungsstile oder
- Arbeitsweisen.
Der eine redet dir zu viel, der nächste zu laut. Der eine Kollege braucht viel Platz und räumt seinen Schreibtisch zu selten auf. Die Kollegin empfindest du als aufdringlich, weil sie zu viel Privates von sich erzählt.
All diese Aspekte gehören ebenfalls zum Thema „tolerant“ oder „liberal“ sein dazu . Schaue also auch hier genau hin, wie du damit umgehst und warum dich das eine oder andere stört.
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Kontext berücksichtigen
Natürlich hat Toleranz auch etwas damit zu tun, wie groß der Leidensdruck ist. Je mehr dich das Thema betrifft, desto schwieriger kann es werden.
Die Arbeitszeiten in der Firma ändern, um dem Ausmaß an Aufträgen gerecht zu werden? Ja, okay, solange es mich nicht betrifft. Meine Arbeitszeiten ändern für drei Tage? Ja, vielleicht geht man da auch noch mit. Meine Arbeitszeiten ändern für einen längeren Zeitraum? Nein, das geht ans Eingemachte.
Toleranz in Bezug auf dich selbst
Noch etwas Wichtiges: Toleranz bezieht sich nicht nur auf andere, sondern auch auf dich selbst!
- Wie siehst du dich selbst?
- Was magst du an dir und was kannst du nicht akzeptieren?
- Wo gehst du zu streng mit dir ins Gericht, anstatt es zu tolerieren?
Oft mögen wir bei anderen Eigenschaften nicht, die wir selbst haben und an uns nicht leiden können. Wir tolerieren nicht, was andere tun, weil uns selbst dafür das Talent fehlt. Fange also bei dir selbst an und finde heraus, was du magst und was nicht und warum das so ist. Nimm dir die Zeit zum Reflektieren.
Musst du alles tolerieren?
Nun könntest du denken, dass man heutzutage sehr tolerant sein soll oder gar muss. Auch da bin ich der Meinung, dass du gerade dann tolerant sein solltest, wenn du es mal nicht sein kannst. Toleriere es also, wenn du mal nicht tolerant bist. Schließlich sind wir alle nur Menschen.
Wie sprichst du etwas an, was du nicht tolerieren möchtest?
Wenn du dich entscheidest, dass du etwas nicht tolerieren kannst und es definitiv ansprechen willst, kannst du das beispielsweise mit der Methode der gewaltfreien Kommunikation tun.
Hierbei gehst du in vier Schritten vor:
Umsetzung der vier Schritte
1. Du beschreibst wertfrei, was passiert ist, ohne Pauschalisierungen und Vorwürfe.
2. Du sagst, was du dabei fühlst (Ärger, Irritation, Hilflosigkeit o.ä.).
3. Du sagst, was dir fehlt (Unterstützung, Offenheit, Information o.ä.).
4. Du bittest um etwas, damit die Situation besser und dein Bedürfnis erfüllt wird.
Mehr zur gewaltfreien Kommunikation findest du auch in der Linkliste, da ich dazu schon ganz viel geschrieben habe ;).
Ein konkretes Beispiel
Als Filialleiterin hatte ich eine Mitarbeiterin, die sich sehr offenherzig anzog. Ohne Zweifel, sie sah gut aus, hatte eine tolle Figur und wollte das auch zeigen. An sich hat es mir auch gefallen, doch als Filialleiterin musste ich auch an alle Kunden denken, den Schutz meiner Mitarbeitenden und auch an das Image der Firma.
Ich überlegte für mich, was dahinter stecken könnte, dass es mich störte und sprach sie an. Den Namen habe ich geändert ;).
1. Beobachtung: Kathrin trägt durchsichtige und kurze Kleidung, in der man einen Großteil ihrer Brust und ihres Pos sieht.
2. Gefühl: irritiert, besorgt (wegen der Kunden, aber auch wegen ihr)
3. Bedürfnis: Angemessenheit, Sicherheit, Schutz
4. Bitte: Bitte kleide dich hier in der Arbeit so, dass deine Brüste und dein Po bedeckt sind.
Die Bitte muss konkret sein, sonst weiß sie nicht, was mich stört und was sie ändern soll. „Bitte kleide dich angemessen“ wäre hier also zu allgemein.
Was ist draus geworden?
Meine Mitarbeiterin hat mich verstanden und sich danach immer passend angezogen. In ihrer Freizeit hat sie dann wieder ihre Lieblingssachen getragen. Sie hat sich einfach vor und nach der Arbeit umgezogen. Es hat auch unsere Arbeitsbeziehung nicht beeinflusst und wir hatten weiterhin eine gute Beziehung.
Zusammengefasst
Du siehst, es gibt einiges zu sagen zum Thema Toleranz. Es geht um große und kleine Themen. Um Freunde, die Arbeit, dich selbst. Sinn macht es immer wieder zu schauen, dass du dich selbst so tolerierst und akzeptierst wie du bist. Das macht auch dein eigenes Leben leichter.
Wenn du liebevoller und wertschätzender mit dir selbst umgehst, fällt es dir auch leichter, tolerant mit anderen Menschen umzugehen.
Alles Liebe
deine Susanne
P.S.: Wünschst du dir dabei Unterstützung, mehr Toleranz und Verständnis in eure Zusammenarbeit zu bringen, kontaktiere mich gern. Schließlich ist etwas zu lesen und das dann auch wirklich umzusetzen nicht immer leicht ;).
Über die Kontaktseite kannst du mich anschreiben oder dir auch dort über meinen online Kalender direkt einen Termin für ein unverbindliches Kennenlernen aussuchen.
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Gewaltfreie Kommunikation im Business- was ist das eigentlich?
Ein interessanter Artikel, der aufzeigt, dass Toleranz nicht nur in großen Themen wie Religion oder Politik relevant ist, sondern auch im Alltag, etwa am Arbeitsplatz oder in der Art und Weise, wie wir mit anderen Meinungen umgehen. Besonders interessant fand ich die Verbindung zwischen Toleranz und Selbstbewusstsein. Wie schätzen Sie die Rolle der Erziehung im Hinblick auf die Entwicklung von Toleranz? Ist es möglich, durch gezielte Erziehungsmaßnahmen die Toleranzfähigkeit bei Kindern signifikant zu stärken?
Dankeschön! Ja, das ist wirklich ein spannendes Thema mit vielen Facetten. Klar, wir nehmen uns unsere Eltern oder Erzieher/innen auch zum Vorbild. Je toleranter und offener diese sich zeigen, desto eher schaut man sich das ab.
Eine gute Idee!
Toleranz ist ein so wichtiges Thema, gerade in unserer heutigen Zeit. Es bedeutet für mich nicht nur, andere Meinungen und Lebensweisen zu akzeptieren, sondern auch, sich aktiv dafür einzusetzen, dass jeder seinen Platz in der Gesellschaft findet. Deine Gedanken dazu haben mich wirklich zum Nachdenken gebracht. Besonders der Aspekt, dass Toleranz auch mit Selbstreflexion beginnt, hat mich tief berührt. Wie steht ihr dazu? Habt ihr Strategien, um im Alltag toleranter zu sein? Ich finde, es ist oft leichter gesagt als getan, aber mit ein wenig Achtsamkeit können wir alle dazu beitragen, ein toleranteres Umfeld zu schaffen.
Hi Alexander, in dem Artikel habe ich ja ganz viele Tipps gegeben, was dir dabei hilft, toleranter zu werden, wie an deinem Selbstbewusstsein zu arbeiten und deine Meinungen zu hinterfragen. Ich bin immer noch der Meinung, dass es wichtig ist, sich auch mit Menschen zu umgeben, die andere Meinungen haben, um so auch in den Austausch kommen zu können.
Viele grüße
Susanne