Gefühle am Arbeitsplatz – so kannst du achtsam mit ihnen umgehen

Hast du das auch schon einmal erlebt? Du bist in einer Besprechung und erzählst ganz begeistert von einer Idee. Einige im Raum schauen dich interessiert an. Doch eine Person ist dabei, die die Augenbrauen nach unten und zusammen zieht?

Gefühle sehen und behutsam mit ihnen umgehen

Wie reagierst du in dem Moment, wenn du das so erlebst? Bringt dich das aus dem Konzept? Irritieren dich deine Gefühle am Arbeitsplatz? Oder kannst du ganz normal mit deiner Präsentation fortfahren?

Die Mimikresonanz zeigt mehrere Wege auf, wie du in solch einer Situation vorgehen könntest. Im letzten Blogartikel schrieb ich bereits über Mimikresonanz und welchen Nutzen diese haben kann (siehe Linkliste unten).

In diesem Artikel möchte ich nochmal genauer auf das Thema eingehen und dir weitere Einblicke geben, warum das Thema so wichtig ist. Zusätzlich werde ich hier einige Tipps für den angemessenen Umgang mit den entdeckten Gefühlen geben. Die folgenden Ausführungen basieren auf dem Buch „Mimikresonanz, Gefühle sehen. Menschen verstehen“ von Dirk Eilert. Das kann ich dir echt empfehlen!

Gefühle am Arbeitsplatz: Überblick über das Vorgehen

Wenn man es ganz genau nimmt, gibt es drei Bereiche beim übergeordneten Thema Mimikresonanz, die aufeinander aufbauen. Zunächst geht es um das Mimik-Scouting, hier geht es nur um das Beobachten. Dann wird das durch den Mimik-Code interpretiert, was gesehen wurde. Und zum Schluss folgt die Mimikresonanz, also wie gehen wir jetzt damit um, was wir gesehen und interpretiert haben?

  1. Mimik-Scouting
  2. Mimik-Code
  3. Mimikresonanz

Die einzelnen Schritte schauen wir uns nun genauer an.

1. Mimik-Scouting

Beobachtet wird das konkret Wahrnehmbare, wie die beteiligten Muskeln im Gesicht. Du übst dich hier also im Beobachten und deutest nichts hinein in das, was du siehst. Es geht hier nur um das, was wir wirklich sehen können.

Wie bereits im letzten Artikel zu diesem Thema ausgeführt, ist die Grundlage das facial action coding system. So gibt es für die Deutung der verschiedenen Gefühle eine Übersicht über die beteiligten Muskelgruppen im Gesicht.

Dazu wird das Gesicht in drei Bereiche eingeteilt. Im oberen Bereich liegen die Stirn und die Augenbrauen. Dann folgen Augen und Nase und im letzten Drittel der Mund und das Kinn.

Beispielsweise wird darauf geschaut, ob die Augenbrauen neutral , hoch- oder eher runtergezogen sind. Was passiert mit den Augen? Sind die Lider gesenkt, neutral, angespannt? Gibt es Veränderungen um die Nase herum? Was machen die Lippen?

2. Mimik-Code

Wurden die entsprechenden Veränderungen entdeckt, geht es im zweiten Schritt darum, diese mimischen Signale richtig zu interpretieren. Grundlage hierfür sind Ergebnisse der Emotionsforschung und der Persönlichkeits- und Motivationspsychologie.

Mundwinkel nach oben sind also beispielsweise ein Signal für Lächeln und somit Freude, besonders, wenn die Kombination mit den Augen stattfindet. Das würden wir dann als Lächeln ansehen und Zustimmung. Natürlich nehmen wir hier den Kontext mit ins Boot, um genauer schauen zu können, was da nun dahinter steckt. Beim Mimik-Code geht es ja um das, was im Gesicht stattfindet. Das darfst du natürlich in Gesprächen mit deinen Kollegen oder Mitarbeiterinnen mit anderen Signalen gemeinsam interpretieren. Schließlich macht es immer Sinn, den Rest mit dazu zunehmen.

3. Mimikresonanz

Wie gehen wir nun damit um, wenn wir Wut, Angst oder Trauer bei anderen am Arbeitsplatz sehen? Der dritte Bereich, die Mimikresonanz, beinhaltet den angemessenen Umgang mit dem Interpretierten.

Unterschieden werden dabei drei verschiedene Resonanzstufen:

  1. nonverbale Aufforderungsgesten
  2. Spiegel-Aussagen
  3. Interpretation

Der interpretative Umgang kann erst erfolgen, wenn die Kenntnisse des Scoutings und des Mimik Codes beherrscht werden. Das heißt, wie interpretieren natürlich auch, wenn wir das noch nicht so wirklich beherrschen, werden dann aber öfter falsch liegen.

Resonanzstufen der Mimikresonanz

1. Nonverbale Aufforderungsgesten

Hierbei interpretieren wir nicht die möglicherweise dahintersteckenden Gefühle. Wir nehmen gewisse körpersprachliche Signale bei unserem Mitarbeiter oder Kollegen wahr. Anschließend bitten ihn mit einer Geste darum, etwas zu sagen.

Beispiele: 

  • Nicken in die entsprechende Richtung,
  • mit der offenen Handfläche auf die Person zeigen
  • lächeln
  • schweigen und fragend in die entsprechende Richtung schauen

So geben wir der Person die Freiheit, wie sie darauf reagieren möchte.

Was könnten wir beobachtet haben? Vielleicht ein Gesichtsausdruck, den wir in dem Moment nicht konkret deuten können. Vielleicht aber auch ein leichtes Kopfschütteln, während unserer Erklärung. Oder wie eingangs erwähnt, zusammengezogene Augenbrauen. Das wären also verschiedene Möglichkeiten, wie du in solch einer Situation nonverbal reagieren kannst.

2. Spiegel-Aussagen

Spiegel-Aussagen sind direkte verbale Rückkopplungen ohne Interpretation. Beschrieben wird lediglich das, was auch beobachtbar ist. Beispiele sind zusammengezogene Augenbrauen oder ein an die Lippen gelegter Zeigefinger. Wichtig ist dabei, dass eine Aussage statt einer Frage geäußert wird, damit ein konstruktiver Dialog wahrscheinlich bleibt.

Vorteile der Spiegelaussagen

Das Vorteilhafte an den Spiegel-Aussagen ist, dass der Angesprochene innerlich zustimmt. Somit ist er positiv gestimmt für das Kommende (emotionale Ja-Straße).

Einige typische Spiegel-Aussagen sind:

  • „Sie runzeln die Stirn.“
  • „Du schüttelst gerade den Kopf.“
  • „Sie nicken.“
  • „Du lächelst.“

„Sie ziehen gerade ihre Augenbrauen zusammen“, könntest du also sagen, wenn du das beim Gegenüber wahrnimmst und du es nicht zu deuten weißt. So wäre deine Reaktion auf das Verhalten in Form einer Spiegel-Aussage.

3. Interpretation

Bei der Interpretation ist zu beachten, dass sie Wertschätzung ausdrücken und in einer klassischen Ich-Botschaft formuliert sein sollte.

Dadurch wird der andere ebenfalls innerlich zustimmen, wenn wir richtig tippen. Um hier die Treffsicherheit, zu erhöhen, ist es sinnvoll, sich im Beobachten zu schulen. Liegen wir mehrmals daneben, stört dies unsere Beziehungsebene. Dementsprechend ist es besser, gerade am Anfang eher vorsichtig damit umzugehen.

Je besser man die andere Person und ihre Mimik-Gewohnheiten kennt, desto leichter ist es. Schließlich gibt es auch Menschen, die besonders häufig lächeln oder öfter als andere eine Augenbraue hochziehen. Ist dies der Fall, verliert die normale Deutung dieser Signale ihre Kraft/Bedeutung.

Zum Beispiel könntest du sagen, „Wenn ich es richtig sehe, sind sie gerade überrascht, verwundert, neugierig…“ oder ähnliches.

In dem Beispiel von oben:

Nach unten und zusammen gezogene Augenbrauen können ein Signal von Ärger sein. Wichtig ist, dass wir uns das ganze Gesicht anschauen. Für Ärger brauchen wir zusätzlich hochgezogene obere Augenlider und angespannte untere Augenlider. Sind auch noch gepresste Lippen zu sehen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass hier Ärger vorliegt.

Wenn du dich für diese Resonanzstufe entscheidest, könntest du sagen: „Wenn ich es richtig sehe, sind sie über etwas verärgert…“.

Intention der Mimikresonanz

Wenn dein geschultes Auge eine Mikroexpression sieht, die Angst ausdrückt, weißt du in diesem Moment nicht konkret, was der Auslöser ist. In bestimmten Situationen kannst du dir vielleicht denken, woran das liegen könnte.

Hier könntest du darauf eingehen, welche Gefühle du gerade beim anderen wahrnimmst. Natürlich machst du das nur, wenn du mit Gefühlen am Arbeitsplatz keine Probleme hast. Zum Beispiel könntest du in einem Gespräch über geplante Veränderungen die Risiken und Chancen genauer erklären. In einem Beratungsgespräch könntest du darauf hinweisen, dass es eine kurzfristige Kündigungsfrist gibt, eine Geld-zurück-Garantie oder ähnliches.

Egal für welche der verschiedenen Reaktionsformen du dich entscheidest, es geht NICHT darum, den anderen zu durchschauen und zu manipulieren. Ziel der Mimikresonanz ist, die Bedürfnisse der Menschen zu verstehen und empathisch zu reagieren. Somit ist auch hier der Fokus auf den Gefühlen und den Bedürfnissen des anderen wie bei der gewaltfreien Kommunikation (GFK).

Deswegen eignet sich die Mimikresonanz auch wunderbar für die Anwendung der GFK. Auf die Grundsätze gehe ich in meinem Basisseminar ebenfalls ein.

Gefühle am Arbeitsplatz- darüber reden

Da wir uns am Arbeitsplatz befinden, ist es nicht selbstverständlich, dass der andere über seine Gefühle reden möchte. In diesem Businesskontext brauchen wir oft ein besonderes Vertrauen, damit wir uns dem anderen auch emotional öffnen. Auch hat die Schnelligkeit, sich anderen gegenüber zu öffnen, etwas mit unserem Persönlichkeitstyp zu tun (mehr dazu siehe Linkliste). Je besser du deine Mitarbeiter kennst, desto eher weißt du, ob sie über Gefühle sprechen wollen, wenn sie sich im beruflichen Kontext befinden. Auch spielt deine eigene Befindlichkeit eine Rolle. Möchtest du gerade überhaupt über Gefühle sprechen? Oder ist dein Fokus gerade eher auf der Sachebene?

Fazit zum Thema Gefühle am Arbeitsplatz

Gefühle zu sehen ist nur der erste Schritt im Umgang mit Gefühlen am Arbeitsplatz. Nimmst du Gefühlsregungen bei deinem Gesprächspartner wahr, kannst du entscheiden, wie du damit umgehst. Du kannst interpretieren, dass der andere im Mitarbeitergespräch gerade dieses oder jene Gefühl hat.

Idealerweise fragst du nach, wie es dem anderen geht. Oder du fokussierst dich nur auf das, was du siehst und sprichst das an. Sicherlich wirst du in unterschiedlichen Situationen unterschiedlich reagieren. Bei mir ist das auch so. Ich mache das nicht immer gleich und denke in der Regel auch nicht mehr so viel darüber nach. Die offene Frage nach den Gefühlen mag ich am liebsten, wenn es zur Situation passt.

Es kann genau so gut sein, dass dich die Gefühle des anderen gerade nicht so sehr interessieren und du sie gar nicht wissen willst. Auch das ist in Ordnung. Schließlich entscheidest du individuell, wie du mit den verschiedenen Mitarbeitern und ihren Gefühlen im Arbeitskontext umgehst.

P.S.

Ein weiterer Tipp zu diesem Thema ist nicht nur das Buch Mimikresonanz von Dirk Eilert, sondern auch die Serie „Lie to me“. Hier wendet Dr. Cal Lightman diese Technik an, auch wenn er oft sehr provokant damit umgeht. Vielleicht geht es dir wie mir und du kannst von dieser Serie nicht genug bekommen?

Alles Liebe

deine Susanne

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Hier kannst du dir den Blogartikel auch anhören

Susanne Lorenz
Susanne Lorenz

Ich habe mich als Kommunikationstrainerin, Buchautorin und Business Coach auf Führungskräfte spezialisiert, nachdem ich im Anschluss an mein Germanistikstudium selbst mehrere Jahre als Managerin Erfahrungen gesammelt habe. Gewaltfreie Kommunikation ist meine Leidenschaft. Meine Vision ist, dass Menschen am Arbeitsplatz mehr miteinander statt übereinander reden und konstruktiv ansprechen, was sie stört.

Mit meinen Coachings und Trainings erhöhe ich die Transparenz und Wertschätzung in Unternehmen. Mein Blog www.wirksam-kommunizieren.de dreht sich um erfolgreiche Kommunikation im Berufsalltag.

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