Ich-Zustände nach Eric Berne

überarbeitet im September 2022

Fragst du dich auch manchmal, warum du wie deine Eltern klingst? Oder auch, warum du bei einigen Situationen wie ein kleines Kind reagierst? Dann ist dieser Beitrag zu den Ich-Zuständen genau richtig für dich, um mehr Klarheit zu bekommen!

Ich-Zustände

In diesem Beitrag erzähle ich dir mehr über die Beziehungsebene der Kommunikation. Zusammenfassend gehe ich dazu auf die Ich-Zustände von Eric Berne ein. So bekommst du weiteres Hintergrundwissen zur Kommunikation.

Zusätzlich erweiterst du dein Verständnis für die dahinterliegenden Prozesse und das macht dir den Umgang mit anderen Menschen leichter. Du verstehst dich selbst besser und warum sich andere Menschen so verhalten und kannst gezielter darauf eingehen.

Ich-Zustände Wer war Eric Berne?

Eric Berne wurde 1920 in Montreal geboren und starb im Jahre 1970 in Kalifornien. Als Psychiater entwickelte er ein psychotherapeutisches Verfahren, das er als Transaktionsanalyse bezeichnete.

Im Laufe seiner Arbeit als Psychiater entdeckte Berne, dass in jedem Menschen bestimmte sogenannte Ich-Zustände existieren. Diese Ich-Zustände nannte er ego images. Dabei unterteilte Berne die Ich-Zustände in zwei erwachsene und ein kindliches. Das rationale Erwachsenen-Ich, das er als adult ego state bezeichnete, das meistens nicht rationale Eltern-Ich, auch als parent ego state bekannt und als drittes das Kindheits- oder auch Kind-Ich (child ego state).

Zusammenhang Transaktionsanalyse und Ich-Zustände

Die Transaktionsanalyse basiert auf dem Strukturmodell der Ich-Zustände. Berne unterscheidet ja wie beschrieben die drei verschiedenen Persönlichkeitsinstanzen, die mit unterschiedlichem Verhalten verbunden sind. Die Ich-Zustände sind somit ein gutes Instrument, um abzubilden, was sich auf der Beziehungsebene der einzelnen Beteiligten in der Kommunikation abspielt.

Das Verhalten und die Interaktion im Gespräch miteinander wird dann als Transaktion bezeichnet. Wenn wir das analysieren, sprechen wir von Transaktionsanalyse :). Das heißt, die Transaktionsanalyse (mehr dazu folgt im nächsten Blogartikel) bezieht somit Sender und Empfänger der Kommunikation mit ein. Sie macht Aktion und Reaktion in Gesprächen deutlich sichtbar.

Die drei Ich-Zustände nach Eric Berne

Konzentrieren wir uns zunächst mal auf die einzelne Person. Jeder Mensch hat drei Ich-Zustände. Die Ich-Zustände, die auch als Persönlichkeitsinstanzen genannt werden, lauten also wie folgt:

  • das Eltern-Ich
  • das Erwachsenen-Ich
  • das Kind-Ich

Wir schauen uns nun mal diese drei verschiedenen Ich-Zustände genauer an und was sich dahinter verbirgt. Auf die Transaktionsanalyse gehe ich hier nicht weiter ein, denn dazu gibt es von mir noch einen weiteren Blogartikel.

Ich-Zustände nach Eric Berne Übersicht

Eltern-Ich: fürsorglich oder kritisch

Das Eltern-Ich beinhaltet das Verhalten unserer Eltern. Es geht also um Dinge, die wir uns von unseren Eltern abgeguckt haben, wie zum Beispiel die Mahnungen und Regeln, die wir von unseren Eltern im Laufe unserer Erziehung erhalten haben.

Diese Aufzeichnungen aus der Vergangenheit werden immer wieder abgerufen und in der aktuellen Situation, also im Austausch mit anderen Menschen, gezeigt.

Das Eltern-Ich gibt es in zwei verschiedenen Varianten. Die eine Variante des Eltern-Ichs ist fürsorglich, die andere ist kritisch. Beides ist möglich und abhängig davon, wie du deine Eltern erlebt hast. Letztlich gehören dazu ja auch in der Regel Mutter und Vater (oder zwei Mütter oder zwei Väter oder nur ein Elternteil), die sich bestimmt nicht identisch verhalten haben.

Das heißt also auch, dass nicht alle Menschen das gleiche Eltern-Ich haben, denn was das genau war, was wir erlebt und mitgenommen haben, unterscheidet sich ja von Mensch zu Mensch.

Für mehr Klarheit kannst du dir beispielsweise folgende Fragen stellen:

  • Was haben dir deine Eltern beigebracht, was sich gehört?
  • Was gehört sich nicht laut deiner eignen Erziehung?
  • Wurdest du getröstet, wenn es dir schlecht ging?
  • Gab es Aussagen darüber, was Mädchen machen und was eher Jungen?

All diese Fragen werden von unterschiedlichen Menschen anders beantwortet. Doch sie prägen uns. Darüber sind wir uns oft gar nicht im Klaren.

Und oft gehen wir durch die Welt und sehen sie mit den Augen unserer Eltern. Darum geht es in diesem Ich-Zustand.

Wozu ist das Eltern-Ich gut?

Allgemein gesprochen ist dieser Ich-Zustand deswegen wichtig, weil er mit seinen Regeln eine Richtung vorgibt und so dafür sorgt, dass wir Klarheit haben und wissen, was okay ist und was nicht. Gerade als Kind brauchen wir ja auch Schutz und Orientierung. Auch kannst du das Eltern-Ich nutzen, wenn du als Führungskraft unterwegs bist, denn auch hier brauchen wir Regeln und Orientierung.

Beispiel Eltern-Ich

Stellen wir uns folgende Situation vor: Mitarbeiter und Führungskraft sprechen zueinander. Der Mitarbeiter erzählt, dass er einen Vertrag  für die Firma abgeschlossen hat, der sich nun als unvorteilhaft herausstellt und ist geknickt. Er fühlt sich zwar schlecht deswegen, traut sich jedoch, das zuzugeben.

Beispielsweise könnte das kritische Eltern-Ich der Führungskraft sagen:

„Wenn du das Kleingedruckte gelesen hättest, wärst du niemals auf diesen Schwindel hereingefallen!“.

Ein fürsorgliches Eltern-Ich hingegen könnte Folgendes äußern:

„Oh je, wie ärgerlich! Ich kann das voll gut nachvollziehen, dass du dich da schlecht fühlst und mir würde das wahrscheinlich auch so gehen. Lass uns erst mal gemeinsam einen Tee trinken, dann sieht die Welt schon ganz anders aus.“

Erwachsenen-Ich: angemessen und neutral

Das Erwachsenen-Ich sorgt für angemessene Reaktionen. Aus den Ich-Zuständen filtert es dabei die Passendste heraus. Hierbei handelt es sich somit um aktuelles selbständiges Verhalten, das nicht beeinflusst ist aus Aufzeichnungen aus der Kindheit.

Das Erwachsenen-Ich wirkt sozusagen wie ein Computer. Es schaut, was in der jeweiligen Situation am besten passt und welches Verhalten eher unangemessen wäre.

Dieser Ich-Zustand wirkt sachlich und informierend. Das Erwachsen-Ich stellt fest und analysiert die aktuelle Situation.

Beispiel Erwachsenen-Ich

Die Reaktion aus diesem Ich-Zustand in Bezug auf das Beispiel von eben, in dem der Mitarbeiter nicht die optimale Entscheidung getroffen hat, könnte lauten „Lass uns das nochmal ganz genau anschauen. Da können wir bestimmt noch was machen. Es gibt doch eine Wiederrufmöglichkeit.“

Hier kommt also keine Kritik, keine Fürsorge, sondern ein Fokus auf die Sach-Ebene.

Wozu ist das Erwachsenen-Ich gut?

Diesen Zustand können wir gut gebrauchen, um uns auf die Sache zu fokussieren und Dinge nicht zu persönlich zu nehmen. Mit Hilfe des Erwachsenen-Ichs sammelst du Informationen, triffst du Entscheidungen passender zur Situation und lässt dich nicht von Emotionen blockieren.

Das Erwachsenen-Ich hilft uns auch bei der gewaltfreien Kommunikation dabei, unsere Bewertungen zu erkennen und diese in reine Beobachtungen umzuformulieren. Ohne den kühlen Verstand einzuschalten, würden wir uns nur von unseren Gefühlen leiten lassen.

Kind-Ich: natürlich, angepasst, rebellisch

Von dem Kindheits-Ich gibt es drei verschiedene Varianten. Das Kind-Ich ist entweder natürlich, angepasst oder rebellisch. Dieser Ich-Zustand ist angefüllt mit unseren Reaktionen aus der Kindheit auf das Verhalten und die Äußerungen unserer Eltern.

Kind-Ich: natürlich

Wenn du in diesem Ich-Zustand bist, genießt du das Leben. Du hast Spaß, springst in Pfützen, lachst, machst Scherze und nimmst nicht alles so Ernst. So bist also verspielt, spontan und ausgelassen. Das ist bei mir oft stark ausgeprägt. So liebe ich es, komische Geräusche zu machen, Superhelden-Shirts zu tragen oder auch kräftige Farben auf meiner Website zu haben. Ist dieses Ich aktiv, denkst du auch nicht viel über deine Sprache nach, bist oft locker und umgangssprachlich. Das kann aber auch etwas mit deinem Persönlichkeitstyp zu tun haben ;).

In Bezug auf das Beispiel könnte die Antwort lauten: „Ach, ist doch alles nicht so schlimm, das wird schon irgendwie werden!“

Wozu ist das natürliche Kind-Ich gut?

Das natürliche Kind-Ich ist wichtig für Spaß und Leichtigkeit, zum Stressabbau und um das Leben zu genießen. Hier leben wir auch unsere Kreativität und Spontanität aus. Auch werden in diesem Zustand oft Freundschaften geknüpft und vertieft.

Kind-Ich: angepasst

Das angepasste Kind-Ich ist brav und unterwürfig in seinen Reaktionen. Es will gefallen und knickt schnell ein. Es passt sich an und achtet mehr auf die Bedürfnisse der anderen Menschen als auf die eignen. Die Leichtigkeit und der Spaß, die das verspielte Kind hat, fehlen hier völlig. Hier geht es um Kontrolle und Schutz vor Gefahren, beispielsweise durch Kritik oder Konflikte.

Hierzu kann ich auch einen ganzen Roman schreiben und werde das wahrscheinlich auch bald tun, doch hier nur kurz: das macht dir das Leben in vielen Situationen vermeintlich leichter, doch das stimmt leider nicht.

Zum Beispiel von oben:

„Ich werde das nie wieder so tun! Definitiv werde ich jetzt immer alles doppelt und dreifach kontrollieren“ wäre eine typische Reaktion auf die Situation von oben. Allerdings wäre das nicht die Reaktion von der Führungskraft, denn das passt nicht so wirklich. Aber aus diesem Ich-Zustand könnte der Mitarbeiter reagieren, wenn er beispielsweise vom kritischen Eltern-Ich angesprochen wird.

Wozu ist das angepasste Kind-Ich gut?

Dieses Kindheits-Ich hat auch seinen Sinn. Denn alle Anteile in uns haben eine Funktion und erfüllen somit auch einen Zweck. Auch wenn ich hier geschrieben habe, dass dieser Anteil das Leben nicht immer leichter macht, beziehe ich mich darauf, wie es ist, wenn es ganz stark ausgeprägt ist.

An sich soll es uns schützen, den Stress reduzieren, da wir uns anpassen und so nicht ewig diskutieren oder streiten. Das ist ja auch eine wichtige Funktion im Zusammenleben mit anderen Menschen. Könnten wir uns nicht auch anpassen und unterordnen, wäre auch die Arbeit im Team schwierig (Schaue dir auch gern den Blogartikel zur Rangdynamik in Gruppen dazu an).

Kind-Ich: rebellisch

Der rebellische Part kann trotzig, patzig oder wehleidig reagieren.  Ich denke dabei immer an das Kind, das nicht bekommt, was es will und sich auf den Boden wirft und schreit. Am besten noch im Supermarkt ;).

Hier geht es oft um wie du mir, so ich dir. Wenn du mir nicht hilfst, dann helfe ich dir auch nicht. Wenn ich das nicht darf, dann du auch nicht. So könnte es in Bezug auf das Beispiel von oben heißen „Du kannst ja eh alles besser, mache es doch nächstes Mal ohne mich!“

Wozu ist das rebellische Kind-Ich gut?

Dieser Anteil ist wichtig, damit wir uns nicht alles gefallen lassen. Hier setzen wir Grenzen, sagen nein, testen uns aus, schauen auf unsere Bedürfnisse. Das rebellische Kindheits-Ich ist der Gegenpart zum angepassten Part, wenn es um Abgrenzung geht.

Fazit Ich-Zustände von Eric Berne

Alle drei Ich-Zustände mit ihren verschiedenen Formen sind in allen von uns und wertvoll und machen unsere Persönlichkeit aus. Im Idealfall ergänzen sie sich und keiner dominiert zu sehr. Führt das Erwachsenen-Ich und schaut so immer, welche Reaktion aus welchem Ich-Zustand am besten passt, wäre das ideal.

Wichtig ist, dass du selbst steuern kannst, wie sich deine Anteile entwickeln. Hast du einen Zustand, der zu stark ist und einen anderen, den du ausbauen magst? Das kannst du ändern!

Wenn du dazu gern jemanden an deiner Seite haben magst, mit dem du dich dazu austauschen kannst, dann melde dich gern bei mir. Hier kannst du dir direkt ein kostenloses Vorgespräch buchen.
Alles Liebe

deine Susanne

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Susanne Lorenz
Susanne Lorenz

Ich habe mich als Kommunikationstrainerin, Buchautorin und Business Coach auf Führungskräfte spezialisiert, nachdem ich im Anschluss an mein Germanistikstudium selbst mehrere Jahre als Managerin Erfahrungen gesammelt habe. Gewaltfreie Kommunikation ist meine Leidenschaft. Meine Vision ist, dass Menschen am Arbeitsplatz mehr miteinander statt übereinander reden und konstruktiv ansprechen, was sie stört.

Mit meinen Coachings und Trainings erhöhe ich die Transparenz und Wertschätzung in Unternehmen. Mein Blog www.wirksam-kommunizieren.de dreht sich um erfolgreiche Kommunikation im Berufsalltag.

2 Kommentare

  1. Interessante Inhalte. Vielen Dank für dein Beitrag um mehr Verständnis zwischen den Menschen beizutragen. TA ist so wunderbar interessant 🙂

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