Persönlichkeitsfaktoren: eine Landkarte für Führungskräfte

ein Gastartikel von Dr. Brigitte Seiler

Wir gehen nicht als unbeschriebene Blätter in neue Situationen – wir bringen unsere genetische Disposition und die Spuren unserer Biografie in jede neue Situation mit.

Persönlichkeit: unser treuer Begleiter

Wir haben unsere Persönlichkeit überall dabei. Privat wie beruflich. Wir tun nichts ohne sie: Unsere Vorstellungen von uns selbst und der Welt. Das, was sich für uns angenehm oder unangenehm anfühlt. Was unseren Neigungen und Interessen entspricht und wir deshalb vorzugsweise tun. Und die uns unbequemen Dinge und Aufgaben, denen wir gerne auch mal aus dem Weg gehen.

Während wir im privaten Kontext Einfluss nehmen können auf den uns umgebenden Personenkreis, stellt sich das im Beruf anders dar.

Unterschiedliche Teamkonstellationen

Teams werden zusammengestellt und Teams bilden sich. In ganz unterschiedlichen Anteilen. Stellen Verantwortliche ihr Team so zusammen, wie es ihren eigenen Werten und Neigungen entspricht, schwingen die Teammitglieder auf ähnlichen Wellenlängen: Ähnliche Wertvorstellungen und ähnliche Arten des Umgangs mit den Dingen. Ein hoher Sympathiefaktor sorgt für ein Gemeinschaftsgefühl, das produktive Dynamiken in Gang setzen und aufrechterhalten kann.

Die Kehrseite: ‚Blinde Flecken‘ bleiben mitunter lange unentdeckt und wichtige Aufgaben- oder Entwicklungsbereiche werden vernachlässigt.

Umgekehrt streben Vertreter des ‚cultural fit hiring‘ gezielt eine von Unterschiedlichkeit geprägte Teamkonstellation an. Zweifellos: Unterschiedlichkeit kann bereichern. Sie kann aber auch gehörig fordern und gelegentlich überfordern.

Denn was zu Beginn so plausibel erscheint, kann rasch zu Missverständnissen, Verunsicherung und Reibung führen. Zwischen Sach- und Beziehungsebene entwickeln sich fließende Übergänge, die Beziehungen belasten und ein konstruktives Miteinander erschweren.

Persönlichkeit: ein schwer greifbares Konstrukt

Spätestens hier wird deutlich: die Wahrnehmung von und das Verständnis für individuelle Persönlichkeit ist kein ‚nice to have‘ für Führungskräfte. Sie bilden die Grundlage guter und erfolgreicher Zusammenarbeit.

Doch: wie soll man sich verstehen, wenn gar nicht so klar ist, wo genau die andere Person steht – wie es ihr mit ihrer aktuellen Situation, ihren Aufgaben und der Teamkonstellation selbst geht? Wo ihre Wünsche und Bedürfnisse liegen? Was sie motivieren würde oder eher zum Rückzug veranlasst? Oder mit welchem Energieaufwand eine bestimmte Aufgabe oder Tätigkeit für sie verbunden ist?

Eine Landkarte für Persönlichkeit

An dieser Stelle leisten Persönlichkeitsfaktoren eine bislang noch weit unterschätzte Hilfe. Denn sie stellen genau das zur Verfügung, was Persönlichkeit greifbar werden lässt: Ein Ordnungssystem mit statistisch unterscheidbaren Merkmalen und Eigenschaften. Wichtige und griffige Kriterien also, um Persönlichkeit im Berufsalltag identifizierbar zu machen und der Individualität eine Sprache zu geben.

‚Big Five‘ und Leistungsmotivationen

Als gängigste und vielleicht auch wichtigste Persönlichkeitsfaktoren gelten die „Big Five“ der Persönlichkeit. Führungskräften sind sie – zumindest ihrem Namen nach – weithin geläufig. Wie sich diese in hoher oder geringer Ausprägung ganz praktisch im Berufsalltag niederschlagen und was dies zur Folge haben kann, ist dagegen noch weitgehend unbekannt.

Mit den ‚Differenzierten Leistungsmotivationen‘ stehen weitere wichtige Persönlichkeitsfaktoren zur Verfügung, die insbesondere im beruflichen Kontext eine sehr hohe Relevanz besitzen.

Werte oder Persönlichkeitsfaktoren?

Ein weiterer Vorteil von Persönlichkeitsfaktoren gegenüber der von mir ebenfalls geschätzten Arbeit mit Werten liegt darin, dass sich Persönlichkeitsfaktoren wertfrei bipolar anordnen lassen. Sie zeigen also zwei Pole auf, von denen jeder bei genauerem Hinsehen über eigene Ressourcen und Limitierungen verfügt.

Die eher unbekannten Schätze der Persönlichkeit

Die Erfahrung zeigt, dass Führungskräfte eher Zugang zu den mit Führung in Verbindung gebrachten Persönlichkeitsfaktoren haben, wie geringem Neurotizismus, hoher Wirksamkeitserwartung oder eher geringer Verträglichkeit. Das Potenzial der diesen jeweils gegenüberliegenden Pole erweist sich hingegen als noch weitgehend unbeachtet.

Drei Gründe für Fortbildungen zum Thema Persönlichkeitsfaktoren

Investieren Unternehmen in die Fortbildung ihrer Führungskräfte und Teammitglieder im Umgang mit den wichtigsten Persönlichkeitsfaktoren, können alle Seiten profitieren.

Fördern gegenseitiger Wertschätzung

Die Auseinandersetzung mit Persönlichkeitsfaktoren sensibilisiert für unterschiedliche Perspektiven. Erkennen Mitarbeiter, dass subjektives Verhalten und Erleben nicht per se ‚gut‘ oder ‚schlecht‘, ‚richtig‘ oder ‚falsch‘ ist, sondern gerade eine breite Streuung in Beruf und Gesellschaft ihre Berechtigung haben, können nicht nur das Verständnis und der Respekt füreinander wachsen, sondern auch das Wissen um die eigene Limitierung und die Bedeutung von Diversität in der Teamzusammensetzung.

Trennen von Sachebene und persönlicher Ebene

Mit dem Erkennen der Persönlichkeitsmuster des Gegenübers werden dessen Reaktionen und Verhaltensweisen nachvollziehbarer. Das begünstigt einen Umgang auf der sachlichen Ebene und macht die Annahme eines persönlichen Angriffs weniger wahrscheinlich.

Vorausschauend agieren und führen

Das Wissen um Persönlichkeitsfaktoren und das Erkennen entsprechender Muster ermöglicht einen vorausschauenden Umgang mit Mitarbeitern, Kollegen, Vorgesetzten und Kunden. Antizipieren zu können, wie andere mit hoher Wahrscheinlichkeit agieren und reagieren werden, erlaubt ein frühzeitiges Weichenstellen. Seien es führende Strukturen, Hilfestellungen, gezielte Informationen, das Gewähren von Freiheiten und Gestaltungsräumen oder Fortbildungsangeboten.

Mein Kursangebot: „Persönlichkeit verstehen. Die eigene. Und die anderer.“

Kursangebote, die in die Arbeit mit Persönlichkeitsfaktoren einführen, sind gegenwärtig noch rar. Aber gerade aufgrund seiner hohen Relevanz in allen Bereichen menschlicher Interaktion ist ein solches Fortbildungsangebot von nicht zu unterschätzendem Wert.

In den vergangenen Jahren habe ich hierzu den Kurs „Persönlichkeit verstehen. Die eigene und die anderer.“ entwickelt. Im Gruppenformat werden in ca. acht bis zehn etwa 90-minütigen Modulen die wichtigsten Persönlichkeitsfaktoren differenziert und alltagsnah betrachtet und diskutiert. Die Unterschiedlichkeit der Gruppenteilnehmer und das Einbringen ihrer jeweiligen Perspektiven trägt zu einer humorvoll-lebendigen Lernatmosphäre bei.

Über Brigitte Seiler

Portrait Brigitte Seiler

Dr. phil. Brigitte Seiler ist Psychologin mit dem Schwerpunkt Persönlichkeit und Persönlichkeitsassessment. In ihren Einzel- und Gruppenangeboten zeigt sie Fach- und Führungskräften, wie sie Menschen differenzierter wahrnehmen und verstehen können. Sie ist Mitautorin des mehrkonzeptionellen Persönlichkeitstests permOt und leitet als Supervisorin den permOt Lizenzkurs ‚business class‘. Sie ist in eigener Praxis beratend tätig, im klinischen Kontext leitet sie das Ressort ‚Persönlichkeit und Assessment‘ am Sigma-Zentrum, einem privaten Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in Bad Säckingen.

www.permOt.pro

www.brigitteseiler.de

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Susanne Lorenz
Susanne Lorenz

Ich habe mich als Kommunikationstrainerin, Buchautorin und Business Coach auf Führungskräfte spezialisiert, nachdem ich im Anschluss an mein Germanistikstudium selbst mehrere Jahre als Managerin Erfahrungen gesammelt habe. Gewaltfreie Kommunikation ist meine Leidenschaft. Meine Vision ist, dass Menschen am Arbeitsplatz mehr miteinander statt übereinander reden und konstruktiv ansprechen, was sie stört.

Mit meinen Coachings und Trainings erhöhe ich die Transparenz und Wertschätzung in Unternehmen. Mein Blog www.wirksam-kommunizieren.de dreht sich um erfolgreiche Kommunikation im Berufsalltag.

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