Möchtest du mit vielen Gesprächssituationen souveräner umgehen? Willst du schneller und entspannter Spannungen auflösen, weil dich Vorwürfe und Co nicht mehr verletzen?

Souverän reagieren bei Vorwürfen

Im letzten Artikel zu dem Thema gab ich bereits einige Tipps. In diesem Beitrag möchte ich dir weitere Anregungen geben, was du in solchen Situationen machen kannst.

Souverän reagieren bei Vorwürfen Tipp 1: Der innerer Kritiker

Unser innerer Kritiker ist oft Grund, warum wir nicht souverän reagieren auf Vorwürfe und Co. Das ist eine kritische Stimme in unserem Kopf, die all unser Tun kommentiert und dafür sorgen will, dass wir immer mindestens 100 Prozent geben.

Nur ist es so, dass sich dieser innere Kritiker eigentlich als Schutz vor Kritik von außen entwickelt hat, als wir noch ein Kleinkind waren.

Im Laufe der Zeit brauchen wir diesem Schutz jedoch nicht mehr, da wir erwachsen geworden sind und uns nun selbst verteidigen können. Und dennoch. Viele Erwachsene machen sich selbst das Leben schwer und können mit Kritik nur schwer umgehen, da diese innere Stimme bei ihnen zu stark ausgeprägt ist. Bei mir war das übrigens auch jahrelang der Fall.

Der stark ausgeprägte innere Kritiker

Leider haben die meisten von uns auch als erwachsene Person immer noch einen stark ausgeprägten inneren Kritiker. Das führt dazu, dass wir auch mehr Kritik von anderen Menschen anziehen und uns kritische Aussagen mehr zu Herzen nehmen.

Haben wir einen stark ausgeprägten inneren Kritiker, sind wir ständig dabei, alles an uns zu kritisieren. Nichts ist ihm gut genug, egal, wie viel Energie und Aufwand wir benötigten. Das ist anstrengend und raubt uns Kraft. So fehlt uns diese oft, wenn Kritik von außen kommt, so dass wir uns schnell streiten und rechtfertigen.

Auch sehen Menschen mit einem stark ausgeprägten Kritiker oft Vorwürfe, wo keine sind. Das heißt, du hörst etwas als Vorwurf, doch der andere meinte das, was er sagte, gar nicht vorwurfsvoll. Das hat auch etwas mit dem Kommunikationsquadrat von Friedemann Schulz von Thun zu tun. Doch dazu gleich mehr. Erstmal bleiben wir beim inneren Kritiker und schauen uns an, was du konkret machen kannst, damit diese Stimme in deinem Kopf etwas leiser wird.

Umgang mit dem inneren Kritiker

Mein wichtigster Tipp: Schließe Frieden mit diesem Part in dir! Die kritische Stimme ist an sich nichts Schlimmes. Nervig ist sie nur, wenn sie stark ausgeprägt ist.

Dieser Anteil gehört zu dir. Akzeptiere ihn also, anstatt immer gegen ihn anzukämpfen. Dein innerer Kritiker kann dir nämlich helfen, wenn es wichtig ist, dass du Dinge kritisch angehst. Hole ihn dir dann ganz bewusst und lass ihn prüfen, was kritisch überprüft werden sollte.

Klar, das musst du einige Male üben, doch je öfter du das machst, desto leichter wird es auch. Dann kannst du auch viel besser und souveräner reagieren auf Vorwürfe und Co. Schau dir auch gern den Blogartikel zum inneren Kritiker an (Linkliste unten). In dem Artikel gebe ich dir noch viel mehr Infos rund um das Thema innerer Kritiker.

Souverän reagieren bei Vorwürfen Tipp 2: Höre bewusst sachlich

Jetzt lass und mal das Kommunikationsquadrat von Schulz von Thun anschauen. Das erkläre ich dir nur kurz im Überblick. Zu dem Kommunikationsquadrat von Friedemann Schulz von Thun habe ich ganz viele Blogartikel geschrieben und auch zu jeder der Ebenen, auf die ich hier nur kurz eingehe, bekommst du in den anderen Artikeln mehr Infos 😉.

Also hier das Modell im Überblick. Schulz von Thun hat als Kommunikationsforscher und Psychologie das Kommunikationsquadrat entwickelt. Das kennst du vielleicht auch als Vier-Seiten-Modell oder auch als Vier-Ohren-Modell. Das erste bezieht sich auf den Sender, das letztere auf den Empfänger.

Vier Aspekte werden vom Sender und Empfänger beleuchtet. Grundannahme dabei ist, dass wir bei jeder Nachricht folgendes mitsenden:

  1. Sachliche Inhalte
  2. Appelle
  3. Selbstkundgabeinhalte
  4. Beziehungsanteile

Jede deiner Aussagen

  • sagt also etwas über die Sache aus,
  • beinhaltet einen Appell, also etwas, was der andere machen oder nicht machen soll,
  • gibt auch etwas über dich und deine Gefühle, Gedanken, Erwartungen etc. preis und
  • drückt aus, wie du zum anderen stehst (auch in Kombination mit deiner Körpersprache)

Es kann also sein, dass dein Gegenüber nur etwas Sachliches mit dir klären will, doch du hörst das nicht, sondern dein „Beziehungsohr“ hört einen Vorwurf. Du denkst zum Beispiel, dass der andere sich für etwas Besseres hält, auch wenn er das nicht gesagt hat.

Aufgrund der vier Ebenen und der vier Ohren, gibt es auch keine Garantie, dass das, was du sagst, beim anderen auch so ankommt, wie du es möchtest. Es gibt einige hilfreiche Tipps, wie auch das Nachfragen, auf das ich unter Tipp 4 eingehe 😉.

Was bringt dir dieses Wissen jetzt, wenn ich hier über den souveränen Umgang mit Vorwürfen schreibe?

Du kannst dich, wenn du es dir bewusst machst, entscheiden, den „Vorwurf“ mit deinem Sachohr zu hören. Dadurch bekommst du etwas Abstand. Schaue also nicht extra, was der andere Kritisches über dich oder eure Beziehung ausdrücken könnte. Denn das kann man, wenn man will, aus jeder Äußerung raushören. Doch was macht das mit dir? Es stresst dich und lässt dich nicht entspannt reagieren.

Ich mache das oft bewusst, um mich zu beruhigen. Ich frage mich dann, was ist der sachliche Kern? Auch der nächste Tipp hilft dir, mehr Abstand zu bekommen, damit du entspannter auf vorwurfsvolle Aussagen reagieren kannst.

Souverän reagieren bei Vorwürfen Tipp 3: etwas Abstand bekommen

Oft nehmen wir vorwurfsvolle Äußerungen persönlich, da wir zu wenig Abstand haben. Doch kann es sein, dass der andere vielleicht sauer oder genervt ist UND das nichts mit dir zu tun hat? Mir hilft es sehr, wenn ich mich frage, ob das Verhalten des anderen auf mich zurückzuführen sein kann. Ist der Ärger oder auch das Ausmaß der Reaktion angemessen?

Du musst nicht der Grund sein

Wenn es aus deiner Sicht „zu viel“ ist, kann es daran liegen, dass der andere aufgestaute Gefühle hat. Das heißt, du bist nur gerade da und bekommst das ab. Doch da steckt noch was anderes hinter dem Verhalten der anderen Person.

Was kann das sein? Das kann der Ärger sein, weil einem jemand den tollen Parkplatz vor der Nase weggeschnappt hat, der Urlaub verschoben oder die Miete erhöht wurde. Das kann beim anderen für viel Frust sorgen. Wenn wir bei den Themen, die uns ärgern, den Eindruck haben, dass wir darauf keinen Einfluss haben, kann es dazu führen, dass wir in anderen Bereichen Macht haben wollen. Das ist ein normaler Prozess, auch wenn er unbewusst abläuft. Da setzt sich also keiner hin und denkt sich: „Ich kann nichts dagegen machen, dass mein Urlaub verschoben wurde. Wen kann ich jetzt auch beeinflussen und wirksam sein?“

Bedürfnisse erfüllen

Ich muss hier immer an kleine Kinder oder auch Jugendliche denken. Sie bekommen in der Regel wenig Freiraum. Sie müssen sich an viele Regeln halten und dürfen oft nichts oder kaum etwas entscheiden. Kommt dann noch viel Druck dazu, dass gute Noten in der Schule gefordert werden, kann das Fass schnell überlaufen. Denn das Bedürfnis nach Freiheit und Selbstverwirklichung hat jeder Mensch. Das entwickelt sich nicht erst, wenn wir erwachsen sind. Wie kann dieses so wichtige Bedürfnis nach Freiheit dann trotzdem ausgelebt werden?

Gibt es kleinere Geschwister leiden diese oft an den älteren, da letztere sich dann hier austoben. Da wird dann entschieden, was gespielt oder geschaut wird. Leiden die „von den Eltern Eingeschränkten“ sehr, kann es auch dazu führen, dass sie andere quälen, da es ihnen an Freiraum und Kontrolle mangelt. Das Leid und der Schmerz müssen irgendwie raus. Die Leidtragenden können dann jüngere Geschwister oder auch Tiere sein.

Nur wenn es dich dann trifft, ist es nicht so lustig. Ist das fair? Nein. Musst du dir das gefallen lassen? Nein. Ich sage nur, dass dieser Gedanke mir hilft, mehr Abstand zu bekommen und das Gesagte nicht an mich herankommen zu lassen. Ich kenne die Geschichte des anderen nicht und weiß nicht, was er oder sie alles durchgemacht hat oder auch aktuell erlebt.

Souverän reagieren bei Vorwürfen Tipp 4: Nachfragen

Natürlich könntest du den anderen auch fragen, ob er erzählen mag, was hinter der aktuellen Stimmung liegt. Ob du eine ehrliche Antwort bekommst, hängt von der Laune des anderen ab und wie eure Beziehung zueinander ist. Nachfragen geht aber in verschiedene Richtungen. Unverfänglicher ist es, wenn du erstmal auf der Sachebene bleibst und das Gesagte hinterfragst.

Was meine ich damit? Du hast immer die Möglichkeit zu fragen, was der andere damit genau meint. Sei es nun der Kollege, die Mitarbeiterin oder auch dein Chef.

„So schwer kann das doch nicht sein. Stell dich doch nicht so dumm an!“ Hier kannst du zum Beispiel fragen: „Worauf beziehst du dich jetzt? Wieso denkst du, dass ich mich dumm anstelle?“

Das führt dazu, dass der andere sich erst mal erklären muss. Schließlich ist ein Problem in der Kommunikation, dass wir denken, der andere weiß doch, um was es gerade geht. Nein, meistens wissen wir das nicht. Und wir können auch nicht in den Kopf des anderen schauen. Deswegen ist es so wichtig, dass wir immer wieder in den Austausch gehen und klären, wie wir etwas meinen und auch fragen, was beim anderen dahinter steckt.

Also frage nach. Natürlich kannst du das auch machen, wenn du eine Ahnung hast, um was es geht. Dadurch holst du euer Gespräch erstmal zurück auf die Sachebene. Lass dich auch nicht beirren, wenn der andere erstmal grummelig bleibt und etwas sagt wie „Da musst du noch fragen?“. Ja, du bist gerade mit etwas ganz anderem beschäftigt / warst in Gedanken woanders. Der andere kommt j auf dich zu, da er etwas von dir will. Lass dir also ruhig sagen, was er oder sie genau meint und von dir möchte. Es kann auch sein, dass da nicht viel kommt. Schließlich neigen wir, wenn wir aufgebracht sind auch zu Übertreibungen. Und wenn der andere seinen Frust gerade nur an dir auslassen will und eigentlich keinen richtigen Anlass hat, bekommst du das so mit. Vorausgesetzt er führt das Gespräch mit dir weiter und geht nicht wutschnaubend 😉. Das kann natürlich auch passieren.

Ob das mit dem Nachfragen für dich passt, entscheidest du je nach Situation. Wenn der andere etwas sagt, dass du als extrem unpassend empfindest, musst du vielleicht auch erst eine Grenze setzen.

Täglich üben

Wie es so schön heißt, Übung macht den Meister. Also ist mein Tipp, dass du das regelmäßig übst. Nimm dir beispielsweise jeden Tag vor, mindestens einmal in einem Gespräch verbale Angriffe zu hinterfragen. Oder horche dabei bewusst mit deinem Sachohr, auch wenn du einen Vorwurf hörst. Du kannst natürlich auch beides miteinander kombinieren. Viel Erfolg dabei!

Alles Liebe

deine Susanne

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Susanne Lorenz
Susanne Lorenz

Ich habe mich als Kommunikationstrainerin, Buchautorin und Business Coach auf Führungskräfte spezialisiert, nachdem ich im Anschluss an mein Germanistikstudium selbst mehrere Jahre als Managerin Erfahrungen gesammelt habe. Gewaltfreie Kommunikation ist meine Leidenschaft. Meine Vision ist, dass Menschen am Arbeitsplatz mehr miteinander statt übereinander reden und konstruktiv ansprechen, was sie stört.

Mit meinen Coachings und Trainings erhöhe ich die Transparenz und Wertschätzung in Unternehmen. Mein Blog www.wirksam-kommunizieren.de dreht sich um erfolgreiche Kommunikation im Berufsalltag.

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