Emotionen sind objektiver als Gefühle

ein Gastartikel von Dr. Kristina Böhlke

Wie bitte? Emotion und Gefühl- ist das nicht eh das Gleiche? Nun – umgangssprachlich ja! Und je nach „Schule“ gibt es unterschiedliche Definitionen von Emotion und Gefühl. Ich möchte Dir mit diesem Beitrag eine bio-logische Definition anbieten, dank der Du mithilfe Deines Körpers „Ordnung“ in die Begriffswelt rund um Emotion und Gefühl bringen kannst.

Wenn Du etwas in Bewegung setzen willst, brauchst Du Emotion

Wenn Du Dir das Wort E-Motion genauer anschaust, findest Du die Bestandteile „E“ und „Motion“. Ich übersetze mal frei – Emotion ist „Energie, die in Bewegung umgesetzt werden will“.

Barack Obama schreibt in seiner Autobiografie an einer Stelle „Ob es mir gefiel oder nicht: die Menschen wurden nicht durch Tatsachen, sondern durch Emotionen bewegt.“

Der bekannte Neurophysiologe Antonio Damasio formuliert es wie folgt: Emotion – da geht es um Aktion und Entscheidung. Sei es Bewegung im klassischen Sinn – also im Sinne von Fortbewegung, sei es im Inneren (innere Organe), sei es durch das Freisetzen von Molekülen (i.d.R. Neurotransmitter). Er nennt Emotionen ein „gut orchestriertes Set von Veränderungen mit dem Ziel, das Leben überlebbar zu machen“. Das beinhaltet das Vermeiden von Gefahren ebenso wie das Ergreifen von Chancen. Hauptsache, Du setzt dich in Bewegung.

Die Evolution hat alle Säugetiere mit diesem „Tool“ der Emotionen ausgestattet. Emotionen sind universelle Handlungstreiber. Beispiel: Die Reaktion auf eine Gefahr – also idealerweise die Flucht – läuft biochemisch und auch vom Bewegungsmuster her bei allen Säugetieren gleich ab. Und damit sind sie angeboren und genetisch verankert.

Emotionen sind zunächst unbewusst. Sie sind überlebenswichtig und erfüllen unterschiedliche biologische Nutzen. Während die eben genannte Emotion dazu dient, Dich in Sicherheit zu bringen, hilft eine andere Emotion dabei, Neues zu beginnen.

Du kennst das sicher von Dir selbst: so wie Du um Dinge „herumschleichst“, die Dich interessieren (zum Beispiel in einem Ladengeschäft mit Deinem Lieblingsmarken), so schleicht eine Katze durch ihr Revier und schnüffelt an allem, was sie noch nicht kennt.

Warum habe ich keine Emotionsnamen genannt? Weil ich die Verwechslung mit Gefühlen vermeiden will. Nennen wir die beiden Beispiel-Emotionen also „Risiko-Emotion“ und „Kreativitäts-Emotion“.

Wenn Du Emotion fühlen willst, brauchst Du Gefühl

Schaut man sich jetzt das Wort Gefühl an: da steckt „Fühlen“ drin. „Wie fühlst Du Dich heute?“ Das ist was Individuelles, was Subjektives. Das ist dein ganz spezieller Hormoncocktail und wie er sich in deinem Körper „anfühlt“.

Um wieder mit Antonio Damasio zu gehen: „Feelings“ also Gefühle sind ein Porträt dessen, was in Deinem Organismus abgeht, wenn Du z.B. eine Emotion hast. Also die Wahrnehmung Deines homöostatischen Zustands, die Information über Körper-Spannung, etc… Wo wird dieses Porträt gemalt? Im Gehirn. Und das ist körperlich nicht die gleiche Struktur, wie diejenige, die die Emotion ausgelöst hat.

Die Wissenschaftlerin Lisa Feldmann Barett formuliert: „Feelings*, that is your brain trying to make sense of your sensations.“ Gefühle, das ist also zunächst ein Abbild dessen, was in Deinem Körper abgeht und als Zweites eine Interpretation Deines Gehirns dazu. Und hier kommt der entscheidende Schritt: Von unbewusst zu bewusst. Durch die Repräsentation im Gehirn werden die Wahrnehmungen und Emotionen bewusst, bzw. die Repräsentation im Kopf ist die Voraussetzung für Bewusstsein. (* Feldmann Barrett verwendet die beiden Begriffe übrigens genau andersherum, spricht also an dieser Stelle von Emotion, aber biologisch meint sie das Gleiche wie Damasio)

So können Erinnerungen und Erfahrungen einstehen. Und Bewertungen. Eigene Bewertungen, gesellschaftliche Bewertungen. Erwünscht. Unerwünscht. „Negative Gefühle“ wären die Unterwünschten. Emotionen können eigentlich nicht negativ sein, sie sind, was sie sind. Erinnerungen, Erfahrungen oder Bewertungen haben dann Auswirkungen auf die Handlungen des Individuums.

Aber – Du siehst schon – hier kommt Individualität ins Spiel und damit sind Gefühle subjektiver als Emotionen. Der Hund, der gelernt hat, dass ein bestimmtes Verhalten von Frauchen bedeutet, dass es gleich zum Tierarzt geht, möchte weglaufen. Aber aus Erfahrung – wegen eines Gefühls. Beim Menschen würde man es „Bauchgefühl“, wenn unser System 1 und 1 zusammenzählt und z.B. mit „Unruhe“ einspeist, auch wenn gerade keine akute Gefahr für Leib und Leben besteht.

Während Emotionen der bio-logische Autopilot sind, evolutionsmäßig alt und überlebenswichtig, brauchst Du Gefühle, um die Emotionen ins Bewusstsein zu holen. Sonst laufen sie einfach ab. Die Maus läuft vor der Katze weg, ohne dass sie über ihre Gefühle nachdenkt.

Gefühl ist das, was Du fühlst, z.B. wenn eine Emotion ihr Ziel nicht erreicht

Ein Gepard, der jagt, hat einen Vorwärtsdrang, reine Durchsetzungs-Emotion. Und hier kommt schon der Unterschied zum Gefühl: „wütend“ ist der Gepard beim Jagen nicht. „Wut oder Ärger“ tauchen erst auf, wenn sich jemand oder etwas zwischen den Geparden und seine Beute stellt. Oder zwischen Dich und Dein Ziel.

Wenn eine Emotion in Bewegung umgesetzt und die entsprechende Energie verbraucht wird, bzw. ihr Ziel erreicht wird, bleibt nichts zurück. Wird die Emotion behindert oder unterdrückt, bzw. kann ihr Ziel nicht erreichen, dann sucht sich die Energie einen anderen Weg, sich bemerkbar zu machen.

Man FÜHLT den Widerstand, das „Nicht-agieren-können oder dürfen“. Gefühle unterscheiden sich von Mensch zu Mensch. Je nach Biografie, je nachdem, was ich in meinem Leben schon erlebt habe und wie Emotionen bei mir „eingebremst“ wurden.

Vermutlich gibt es auch in deiner Familie Sprüche wie: „Ich rede erst wieder mit Dir, wenn Du vernünftig bist“? Gerne auch „Jungs weinen nicht!“. Oder „Du brauchst keine Angst zu haben“.

Und natürlich – kulturell unterschiedlich ausgeprägt: „Psssst, sei leise, was sollen denn die Leute denken!“.

Was passiert da? Ein Kind ist laut, wenn es Freude am Spiel und an der Bewegung hat oder wenn es ein Bedürfnis hat. Und bekommt signalisiert, dass beides nicht in Ordnung ist. Am besten noch in der Form, dass es selbst „nicht richtig“ sei, wenn es sich so verhält.

Was passiert auf der Körperebene? Der emotionale Impuls des Kindes kann nicht wirksam werden. Was steckt nun hinter einem Impuls? Dahinter steckt ein Bedürfnis, das Energie freisetzt. Manchmal ganz schön viel Energie, wenn sie an Szenen denken, die sich an Supermarktkassen abspielen oder beim Abendessen nach einem langen Tag.

Die Folge beobachte ich in meinen Seminaren. Die Teilnehmenden sind neugierig und machen eifrig mit bis zu dem Moment, wenn ich dazu ermutige, passenden Töne zu der Emotion und der Bewegung zuzulassen. Schamesröte in den meisten Gesichtern… Es ist uns sehr gründlich abtrainiert worden, unsere Befindlichkeit in Form von Tönen nach außen dringen zu lassen. Es kostet die meisten eine echte Überwindung, wieder den adäquaten Ton zur Emotion hören zu lassen. Die gute Nachricht: es lässt sich durch „sich trauen“ auch wieder verändern. Das Fachwort dazu heißt „Durchlässigkeit“. Wieder durchlässig werden für die Energie heißt auch, wieder Selbstwirksam werden können.

Ziele schneller erreichen mit Körper-Biologik®

Und damit sind wir bei Körper-Biologik – der Logik des Körpers. Mithilfe von gezielten, auf die Emotion und die Situation zugeschnittenen Körper-Übungen tunnelst Du bewusste und unbewusste Themen. Anstatt darüber nachzudenken, lassen wir Deinen weisen Körper die Arbeit machen. Es ist immer wieder faszinierend, wie prompt und einfach Du so Zugang zu der WIRKLICHEN Frage oder dem EIGENTLICHEN Thema bekommst, denn im Zweifel waren diese unbewusst und Du hast mit Deinem Bewusstsein versucht „Sinn“ zu finden, bist so aber nicht zu dem unbewussten Thema gelangt.

Für alle Coaches, Trainerinnen, Berater und Führungskräfte hilft die gesteigerte Körper-Wahrnehmung und das beschriebene Konzept von Emotion und Gefühl, schnelle wirksame Lösungen für ihre Kund:innen zu finden. Der Weg führt über die Erfahrung der Selbstwirksamkeit durch körperliche Einflussnahme auf die Emotion – über die Körper-Biologik.

Emotionen stecken an, Gefühle nicht

Das hier beschriebene Konzept von Emotion und Gefühl hilft über den körperlichen Weg, Ordnung in die Komplexität zu bringen! Was machen wir mit all den Worten, die Emotionen oder Gefühle oder beides benennen?

Erstmal nach „Farben“ sortieren: Eine Emotion hat verschiedene Intensitäten „von 0 bis 100″. Im Sprachgebrauch erhält sie dann oft unterschiedliche Namen. Um bei der Risikoemotion zu bleiben (andere würden „Angst“ sagen): in 5% ist es erstmal der Impuls, dass die Situation nicht gut ist, Du ruckelst vielleicht unruhig auf Deinem Stuhl umher. In 100% rennst Du um Dein Leben. Worte dazwischen könnten sein nervös, sprunghaft, …. Es ist aber letztlich die gleiche Qualität (Farbe) von Energie, nur in unterschiedlicher „Lautstärke“. Und sie ist einigermaßen vergleichbar zwischen Individuen – objektivierbar und durch Körperübungen erfahrbar. Und Emotion ist ansteckend – die Spannung springt über, wenn jemand in der Risikoemotion neben Dir sitzt oder auch nur im gleichen Raum sitzt.

Gefühle dagegen stecken nicht an – wenn Deine beste Freundin verliebt ist, steckt sie Dich vielleicht mit ihrer Kreativitätsemotion an, also der Lebensfreude, die der Körper ausstrahlt. Sie steckt Dich aber nicht mit dem GEFÜHL des Verliebtseins an. Das sind IHRE Hormone, nicht Deine, die verrücktspielen.

Das Wort allein sagt uns also noch nicht, ob es Emotion oder Gefühl ist. Aber Du kannst den Unterschied erkennen mithilfe von Fragen wie:

„Ist es ansteckend?“ oder „hat mein Haustier ähnliche Impulse?“ – das deutet auf Emotion.

„Erschließt es sich durch „zuhören“ eher durch Danebensitzen & durch Hin spüren?“ oder „Kommt es hoch mit einer konkreten biografischen Erinnerung?“  – das deutet auf Gefühl.

Komplexität reduzieren durch Körperlernen

Mithilfe der Körper-Biologik-Übungen lernst Du zunächst, wie Du Emotionen gezielt ansteuern und führen kannst. Die Welt der Emotionen vereinfacht sich, sobald Du die sechs Grundemotionen mit klaren Körpertriggern wahrgenommen hast.

Dadurch hast Du quasi sechs Grundfarben zur Verfügung, aus denen sich Deine individuellen Gefühls-Porträts besser „dechiffrieren“ lassen. Und die Deiner Kund:innen natürlich. Dein Bauchgefühl bekommt System. Wäre das nicht cool?

Über Dr. Kristina Böhlke

Dr. Kristina Böhlke

Ich arbeite als Emotions- und Kommunikationstrainerin. Als promovierte Biologin mit Führungserfahrung im Öffentlichen Dienst fließen dabei viele Aspekte aus Wissenschaft und Berufspraxis in meine Arbeit.

Körper-Biologik® ist mein Dachbegriff für körperliche Zugänge zur Selbstwirksamkeit. Stichworte sind emotionale Intelligenz, Selbstwahrnehmung, Intuition, Empathie, Körperkompetenz. Das Besondere ist der systematische Zugang über den Körper.

Meine Kund:innen sind Trainerkolleg:innen, die ihr Repertoire erweitern, fortschrittliche Führungskräfte oder Menschen, die aus persönlicher Neugier mitmachen.

Wenn Du neugierig geworden bist und mich bei der Arbeit erleben willst: Einmal im Monat mache ich ein Online-Probetraining, kostenlos, aber nicht um sonst. Aktuelle Termine immer auf www.koerper-biologik.de/workshops

Im September 2023 erscheint mein Buch zum Thema Körper-Biologik. Trag Dich zu meinem Newsletter ein und erfahre sofort, wenn man es bestellen kann: https://koerper-biologik.activehosted.com/f/5

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Susanne Lorenz
Susanne Lorenz

Ich habe mich als Kommunikationstrainerin, Buchautorin und Business Coach auf Führungskräfte spezialisiert, nachdem ich im Anschluss an mein Germanistikstudium selbst mehrere Jahre als Managerin Erfahrungen gesammelt habe. Gewaltfreie Kommunikation ist meine Leidenschaft. Meine Vision ist, dass Menschen am Arbeitsplatz mehr miteinander statt übereinander reden und konstruktiv ansprechen, was sie stört.

Mit meinen Coachings und Trainings erhöhe ich die Transparenz und Wertschätzung in Unternehmen. Mein Blog www.wirksam-kommunizieren.de dreht sich um erfolgreiche Kommunikation im Berufsalltag.

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