überarbeitet im Februar 2022

Um das geht es
Den eigenen Ärger loswerden
Kennst Du das auch, dass Du Dich immer wieder über Situationen, Dinge oder Personen ärgerst? Möchtest Du gern entspannter damit umgehen und Deinen Ärger loswerden? Dann ist dieser Artikel genau richtig für Dich.
Mir selbst passiert es natürlich auch immer wieder, dass ich mich aufrege, auch wenn ich als Coach und Trainer auf den Umgang mit meinen Gefühlen sensibilisiert bin. Seien es nun die Ampeln in Neubrandenburg oder auch Fahrradfahrer, die mich nerven. Denn das müssen nicht immer konkrete Personen sein, die verärgern. Um meinen Ärger loszuwerden, nutze ich gern die gewaltfreie Kommunikation (GFK) in Kombination mit Byron Katie (siehe Linkliste). Hier nun erstmal der Prozess mit der GFK.
1. Ärger loswerden: Trennung von Auslöser und Ursache
Es gibt eine Situation, in der etwas passiert oder auch nicht passiert ist und Du hast diverse Gedanken dazu und spürst, wie sich der Ärger in Dir breit macht. Ein Beispiel macht es deutlicher: Ein Kollege wollte Dir bei Deiner Präsentation helfen, dazu habt Ihr Euch nach Feierabend verabredet und er taucht nicht auf. Sein Handy ist aus, Du erreichst ihn nicht.
Bewertende Gedanken
Zuerst gilt es, dass Du Dir Deiner wertenden Gedanken bewusst wirst, die jetzt hochkommen. Lass sie zunächst ungefiltert zu. Denke ruhig erstmal „Ich bin sauer, weil ich zu mir sage, wie kann er das machen, der weiß doch, dass ich hier sitze und warte. Wenn er keine Zeit für mich hat, hätte er das doch sagen können. Als wenn ich nichts Besseres zu tun hätte. Scheinbar hält er sich für wichtiger...“
Wenn Du nur dabei bleibst und Dich in diesen Ärger hinein begibst, führt das jedoch dazu, dass Du dem anderen Schuld zuweisen und ihn bestrafen willst.
Beispielsweise war er nicht für Dich da, also wirst Du ihm demnächst auch Deine Hilfe verweigern. Das löst aber den Ärger nicht auf und hilft niemandem. Wenn Du frei sein willst und Diesen Ärger auflösen möchtest, gehst Du jetzt einen Schritt weiter.
Abstand nehmen
Bekomme etwas Abstand und schaue Dir wertfrei an, was konkret passiert oder nicht passiert ist. Ich wiederhole: Dein Kollege wollte Dir bei einer Präsentation helfen, dazu habt Ihr Euch nach Feierabend verabredet und er taucht nicht auf. Sein Handy ist aus, Du erreichst ihn nicht.
Ursache für den Ärger
Diese Beobachtung ohne Wertung ist der Auslöser für Deinen Ärger. Was ist aber die Ursache, dass du dich ärgerst? Das ist nicht diese reine Beobachtung!
Ursache sind Deine bewertenden Gedanken!
Die Ursache ist also in Deinem Inneren. Du bist sauer, weil Du zu Dir sagst: „Scheinbar hält er sich für wichtiger...“ und ähnliches, das dem anderen schlechte Motive unterstellt. Das gilt es nun voneinander zu trennen.
Dein Gedanke sollte nicht „Ich bin sauer, weil du... getan hast“ heißen, sondern „Ich bin sauer, weil ich... brauche.“
So kommunizieren wir das jedoch nicht nach außen, denn wir sind noch nicht fertig mit dem Prozess.
Du bist selbst verantwortlich für dein Gefühl
Wichtig ist, dass Du weißt, Dinge passieren, ob Du es nun willst oder nicht. Ob Du Dich darüber ärgerst oder nicht, liegt allein an Deinen Interpretationen und wie Du damit umgehst!
Kein anderer kann Dich verletzen, Du entscheidest, ob Du den verletzenden Gedanken glaubst oder nicht! Das Problem ist, dass unser Geist versucht zu beweisen, was er denkt. (Schaue Dir auch Byron Katie dazu an).
2. Finde Dein unerfülltes Bedürfnis heraus
Die Ursache für Deinen Ärger sind also Deine Interpretation und Urteile. Diese Urteile bringen unsere unerfüllten Bedürfnisse zum Ausdruck, wenn auch entfremdet und verzerrt.
Schau Dir nun Deine Interpretationen/Urteile an und überlege, welches unerfüllte Bedürfnis dahinter steckt.
Was brauchst Du, was gerade nicht erfüllt ist in dieser Situation?
Ist es Zuverlässigkeit?
Oder Unterstützung?
Geht es vielleicht noch einen Schritt weiter, denn Du brauchst Hilfe und denkst, ohne Hilfe wirst Du es allein nicht schaffen?
Geht es hier also um Sicherheit (in Bezug auf den Job)?
Finde heraus, welches Bedürfnis am stärksten ist und arbeite damit weiter.
Warum erstmal nur eins? Weil an unterschiedliche Bedürfnisse unterschiedliche Gefühle geknüpft sein können und sich dann auch unterschiedliche Bitten davon ableiten lassen.
3. Identifiziere das hinter dem Ärger steckende Gefühl
Weißt Du, welches Bedürfnis gerade nicht erfüllt ist, erkennst Du auch das gewandelte Gefühl. Dieses Gefühl hast Du, weil Dein Bedürfnis unerfüllt ist.
Ärger ist durchaus ein Gefühl, doch meistens steckt noch etwas anderes dahinter.
Fokussiere Dich auch hier wieder auf das stärkste Gefühl. Gehen wir mal davon aus, Dein unerfülltes Bedürfnis ist Sicherheit. Wenn dieses so wichtige Bedürfnis nicht erfüllt ist, spürst Du vielleicht Hilflosigkeit. Es kann aber auch Angst sein.
Du merkst, es ist nicht mehr der Ärger, den Du am Anfang noch spürtest als Du Dich Deinen Gedanken und Interpretationen hingegeben hast.
Sich mit Angst auseinander zu setzen, ist verständlicherweise schwerer, als sich mit Ärger zu beschäftigen.
Klar, Du kannst jetzt sagen "Wie der Ärger ist weg, dafür muss ich mich jetzt mit meiner Angst auseinander setzen?" Ja. Du erkennst über diesen Prozess, dass der Ärger durch Deine Gedanken verursacht wurde und dass Dein Gefühl eigentlich etwas anderes ist, was dahinter steckt.
Ehrlich zu sich selbst sein
Nun hast Du die Möglichkeit, bei Dir selbst zu bleiben und nicht auf Rache oder ähnliches zu sinnen. Du kannst ehrlich zu Dir selbst sein und nach einer handlungsorientierten Lösung suchen, die Dich weiterbringt. Oder Du lässt den Ärger alles vergiften, Deine Gedanken, Dich und Dein Umfeld.
Man kann also sagen, dass Ärger auch eine Schutzfunktion hat. Denn so setzen wir uns nicht mit der Angst, Hilflosigkeit oder was auch dahinter stecken mag, auseinander und beschäftigen uns eher mit dem anderen und dem, was er "falsch gemacht" hat.
4. Formuliere Deine Bitte
Du weißt jetzt, welche Situation Deinen Ärger ausgelöst hat und kennst auch Deine Urteile in Deinem Kopf, die den Ärger verursachten.
Du weißt, durch letzteres auch, welches Bedürfnis nicht erfüllt ist und wie Du Dich nun fühlst. Das ist sehr gut und hilft Dir, Dich und die Situation besser zu verstehen. Verständnis ist hilfreich, allein bringt es Dich jedoch nicht unbedingt weiter.
Da die GFK auch handlungsorientiert ist, bleiben wir an dieser Stelle nicht stehen, sondern überlegen, was wir nun tun können, um dieses Bedürfnis erfüllt zu bekommen. Darum können wir jemanden im nächsten Schritt bitten.
Wenn es um Sicherheit in Bezug auf den Job geht, die unerfüllt ist, ist nun die Überlegung, wie kann dieses Bedürfnis erfüllt werden? Wen bittest Du?
Das Schöne ist, Du hast hier verschiedene Möglichkeiten. Das könntest Du selbst sein, die andere Person oder auch eine dritte Person. Du kannst den Kollegen erneut um Hilfe bitten, einen anderen oder auch mit Deiner Chefin sprechen, dass Du einen (Präsentations-)Kurs besuchen möchtest, um mehr Sicherheit zu bekommen. Oder Du kümmerst Dich allein darum.
Zusammenfassung Prozess Ärger loswerden
Situation, die scheinbar den Ärger verursacht hat
1. Trennung von Auslöser (Beobachtung) und Ursache (Interpretation der Handlung)
2. unerfülltes Bedürfnis herausfinden
3. dahinter steckendes Gefühl identifizieren
4. Bitte an mich/den anderen/dritte Person für Handlungsorientierung
Fazit zum Ärger loswerden
Durch diesen Prozess verstehst Du also Deinen Ärger und was eigentlich dahinter steckt. So kannst Du dem wahren Gefühl auf die Schliche kommen und handlungsorientiert etwas dagegen tun. Allein oder mit Hilfe eines anderen. Deinen Ärger wirst du so viel schneller los.
Mir hat dies schon so oft geholfen, meinen Ärger loszuwerden, deswegen war es mir wichtig, Dir auch außerhalb meiner Kurse diese Hilfestellung näher zu bringen.
Wie du dich dann noch in den anderen versetzt und das Gespräch führen kannst, findest du hier.
Alles Liebe
Deine Susanne
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Hallo Susanne,
einer schöner Artikel zum Umgang mit der GFK. Ich arbeite sowohl beruflich wie auch privat mit der GFK und kann deine Ansicht – mit der GFK den Ärger auflösen – nur unterstützen. Wenn das noch mehrere Leute wüssten wie leicht es ist, dass Leben wäre an mancher Stelle wirklich einfacher.
Mit sonnigen Grüßen
Jana
[…] Du hier […]
[…] ersten Artikel zu diesem Thema ging ich darauf ein, dass unser Ärger nicht durch andere Menschen verursacht wird, […]
[…] Umgang mit Ärger […]
Schade, dass das Beispiel nicht durch alle Punkte durchgezogen wurde, ansonsten Top!
Hi, danke für deinen Kommentar! Was meinst du, mit nicht alle Punkte durchgezogen?
Liebe Grüße
Susanne